Im übrigen kann der das Philosophieren aus professionellen Gründen Gewohnte nicht umhin zu bedenken, dass das Eintreffen dessen, was Endlichkeit meint, zwar aus dieser selbst heraus gefürchtet wird, aber von keinem Subjekt erfahren werden kann, also das Subjekt nicht betrifft, weil es dieses dann nicht mehr gibt. Ich kann die Endlichkeit nur fürchten, aber ihre Erfahrung kann ich nicht machen - so wenig, wie ich Erfahrung von der Zeit vor meiner Geburt habe, weil es „mich“ auch da noch nicht gab. Also: Die Erfahrung, dass es mich nicht (mehr) gibt, ist mir verwehrt, und damit „gibt es“ den „Verlust meiner selbst“ gar nicht. Es gibt nur den Verlust des Anderen und den Verlust meiner selbst für den Anderen. Aus dem oben Gesagten ergibt sich natürlich so etwas wie absolute Vergeblichkeit. Das sehe ich aber schon lange, denn auch die Menschheit wird über kurz oder lang verschwinden. Man kann sich also nicht mit seinem Beitrag zur Tradition trösten. Es geht nicht um Trost, sondern mir jedenfalls um Stärkung dessen, was wir haben: gerade mal den Lebensvollzug mit seiner Sinnproduktion, ohne Ziel und Zweck. Meine Methoden der Stärkung: durch Schreiberei und Photographiererei, durch die Spiegelung „meines“ Geschehens in den Medien Schrift und Bild, mit meinen bescheidenen Mitteln, nur für diese Zeit hier des Vollzugs, eine Art aktuelle Rückkoppelung mit Echowirkung. Es geht also nicht um Mitteilung an andere, sondern nur um die Steigerung der Erfahrung im Bewusstsein ihrer völligen Vergeblichkeit... Kannte ich schon mit 20. Deshalb hab ich ja Philo und Literatur studiert, war aber mit meiner Grundhaltung wenig geeignet, als Lehrer damit jüngere Leute „aufzubauen“. Das setzt nämlich letztlich eine Art Glaubensbekenntnis voraus. Der Lehrer ist ein Missionar, wie auch immer. Daher dann schliesslich mein Eintritt ins Geschäftsleben. Leute, denen ich das erklärte, fragten: Weshalb ich nicht Selbstmord mache? Weil ich gerne lebe und psychisch überaus gesund bin, war meine Antwort. Eine Art Paradiesvogel, der durch die Gefilde der Endlichkeit fliegt...