…zieht der erscheinenden Welt beim Vergehen die Haut der Erscheinung ab und lädt sie auf einen bleibenden Träger. Vor aller Ästhetik ist mir dieser unerhörte Vorgang allein schon Grund genug, ihr täglich Einiges an Zeit zu widmen. Die festgehaltene Szene bleibt dann in eigener, sozusagen entstofflichter Gegenwart übrig, eben jener der „Haut“, seltsam hingespannt dabei freilich zu einer versinkenden, ja versunkenen stofflichen, gewesenen Gegenwart, auch jener der „Haut“, aber mit der Materie dazu.
Der unerhörte gedankliche Anspruch dieses Vorgangs macht es mir schwer, noch mehr zu wollen als ihn zu verstehen. Da ich damit schon meine Mühe habe, komme ich beim Photographieren nicht weiter, auf keinen Fall darüber hinaus. Mit dem Resultat, dass ich dauernd die Welten um mich herum photographiere - und die Personen, die diese Welten mit konstituieren.
Ich suche also nicht Welten auf, um diese oder Elemente davon abzubilden - seltene Tiere, seltene Menschen, seltene Pflanzen, seltene Landschaften -, auch wenn ich das vielleicht gerne täte, würde mich nicht ob genannter Sachverhalt im Bann halten und würde dieser nicht durch das Interesse am Objekt als solchem und der Frage nach dessen tunlicher Darstellung im Bild verdeckt.
Ich gebe zu, dass meiner Photographiererei dadurch etwas Repetitives eignet. Ich photographiere in somma die immer selben Szenerien und Personen, wenn auch, wie ich meine, immer besser - was das auch heissen mag: mit immer mehr Verständnis für den Vorgang der Häutung? Wird das im Bild sichtbar? Immerhin führt die Repetition dazu, dass ich für jede Variation dankbar bin: sie aufzugreifen und auszukosten suche, indem ich sie ins Bild bringe.
Diese Warte offen zu halten für ein Anderes, das von der Welt her kommen könnte, ist wichtig. Erst dadurch ist sie ja Warte. Aber dieses Andere eigens aufzusuchen, das halte ich für Unfug. Wenn es kommt, ins Bild, meine ich, dann nur ohne das Zutun des Photographen, als eine Chance der Warte.