Lässt sich eine Szene so fotografieren, dass zu sehen ist, wie ein Hauch von Welt sie durchzieht? Etwa so, wie sich das bei Dialogen von Marguerite Duras oder Maurice Blanchot mitteilt? Szenen über dem Abgrund des Nichts oder des Neutre also? Mit dem Rand der Welt als Horizont?
Dazu, wird man sagen, braucht es Augen, die diesen Hauch von Welt schon gesehen haben, ihn mitbringen und im Foto wieder erkennen. Heisst: Das Foto leistet dies Stossen vor die Welt nicht allein, der Anstoss muss schon im Betrachten angelegt sein, um dann erneut stattzufinden. Nur: Wenn „Welt“ das Worin (und Woraus) von Existenz ist, dann ist es ja „immer schon“ im Betrachten angelegt, und zwar in jedem, nicht wahr? Dann könnte es doch wiederum eine Qualität des Fotos sein, darauf zu stossen?
Könnte, lautet die vorsichtige Antwort. Kommt auf die „Haltung“ an, „Einstellung“, würden andere sagen. Kann oder soll das Foto eine solche Haltung herbeiführen? Kaum. Das wäre ja eine sozusagen pädagogische Leistung. Oder eine missionarische. Darum kann es nicht gehen. Solches ist tunlichst den Pädagogen und Missionaren zu überlassen.
Mir ist schon als 13-, 14jährigem widerfahren, dass ich mich zu Zeiten, vor allem an besonders langweiligen nachmittäglichen Sonntagsspaziergängen als Teil einer Familie, in Szenerien geworfen fand, die mir zur träg-ungemütlich-unheimlichen Welt überhaupt wurden. Deren Horizont war das pure Nichts, ihre banale Bodenlosigkeit das menschliche Geschwätz. Ich fand das später bei Charles Baudelaire wieder, als „ennui“. Im Foto, das ich hier meine, gibt dies Negativ der erscheinenden Welt Raum.
Die Szene ist da nicht ein Stück aus dem grossen Kuchen Welt, sie ist selbst die Welt, - nicht als Ganzes, sondern als Fragment, das als solches das Ganze ist, aber eben nicht ganz, sondern mit jenem Kantenriss, jener Wunde versehen, versehrt, wenn man will, die im Horizont sich am sinnfälligsten zeigt.
Zum Horizont hin und von ihm zurück kann eine, einer auf Fotos gelegentlich die Welt sehen. Auch ich versuche immer wieder, sie zu fotografieren.
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