Bin ich in meinen Biotopen unterwegs, fliesst meine Bewegung durchs Gelände, über Wege, auf Strassen, oft zwischen Gebäuden, in Häusern, wie auch immer ich mich fortbewege: gehend, auf dem Rad, im Zug, im Auto, im Boot - das Flugzeug lass ich mal: etwas fliesst und etwas steht, nein: fliesst vielmehr anders, und meist, ausser im Wald, vor einem Horizont, dessen langsame Wanderung die Bewegung bezeugt. Ich fliesse - oder fliesse mit, was hier dasselbe ist - und bin umflossen von der Welt. Und sitz ich dann allein im Raum, versammelt sich die Welt um mich herum, wieviel Bewegung auch drin sein mag, nach allen Seiten. Tous azimuts! Unter Leuten schliesslich verlagert sich das Zentrum zum jeweiligen Mittelpunkt, der wandern mag: von anderen etwa zu mir und weiter. Ein Fliessen ist da immer.
Das Video folgt dem, der Film fliesst mit, überspielt den Ausschnitt, den er zeigt, mit der gefühlten Welt daneben, dahinter, darunter und darüber. Tous azimuts, encore, samt dem Geviert. Himmel und Erde, die Götter und die Menschen. Alles da. Grosses Kino, bei dem zu kleine Bildschirme nicht mithalten mögen. Da erscheint dann, wider alle Natur, das Viereck.
Dieses zeigt sich dem der Malerei entwöhnten Zeitgenossen in seiner Magie erst in der Photographie - als Gegenpart und Kontrapunkt zum Fluss des Lebens. Und doch ist's, als hole sich dieses Leben seine Revanche in der Bilderflut, in der die rasende Sukzession der Vierecke dem darin gestauten Fliessen wieder Bahn bricht. Statt dem Bild gegenüber bin ich umstellt von Bildern, deren unabsehbare Abfolge auch noch meine eigene Bewegung in sich aufgesogen hat. Einen Boden brauche ich da nicht mehr, und auch keinen Himmel.
Halt das an! Und du erlebst die Extase deiner Freistellung gegenüber dem Viereck. Keine Welt mehr um dich, sie ist abgefallen, nur noch du und das Bild, gegen einander, wenn du nur genug der Versuchung widerstehst, dich im Bild zu vergessen. Nur noch das Bild und deine Reaktion darauf?
Leser, wer sind wir als Leser? Sind wir - mehr als eine Funktion des Bildes?
L'oeil vivant. Das erste Gebende. Das Frühere, das Sehen noch hinter der Reaktion, das Geistige noch hinter der Seele. Ihm gegenüber das im Viereck aus dem Fliessen der Welt herausgelöste Erscheinende. Es ist eine Extase von... nämlich von den Alltagsbedeutungen des Erscheinenden und von der Alltagsperson des Betrachters.
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