In Zeiten der glücklichen Globalisierung, also der Expansion der Schweizer Regionen auf ausländische Märkte und der Ansiedlung ausländischer Unternehmen in der Schweiz, schaute keine Region auf die andere, jede holte raus, was sie konnte - ihre Öffentlichkeiten lebten sich dabei vollends auseinander. Wer gleichzeitig Le Temps, l’Hebdo, 24heures einerseits und die NZZ, den Tagi und die Sonntagszeitung andererseits las, tauchte spätestens seit den Nuller-Jahren in der Welsch- und in der Deutschschweiz in zwei ganz verschiedene Welten. Gemeinsame Themen ergaben sich bestenfalls bei nationalen Abstimmungen.
Die Dominanz des Englischen beim verbleibenden Austausch in wirtschaftlichen und akademischen Belangen verstärkte sich weiter, die übrigen, einst gross gewesenen europäischen Sprachen: Deutsch, Französisch, Italienisch, kamen in den für die Wertschöpfung relevanten Kreisen immer mehr ausser Gebrauch, und da diese den Ton angeben, wurde die breite Bevölkerung und wurden schliesslich ansehnliche Teile der Lehrerschaft bald von einer lähmenden Sprachfaulheit erfasst. Das Resultat dieser Entwicklung ist etwa im Kanton Thurgau zu besichtigen, wo das Französische nun wider eidgenössische Abmachungen in der Primarschule ganz abgeschafft werden soll.
Nun, die Schweiz erodiert zwar im Innern, doch ihren Zusammenhalt scheint das nicht zu gefährden, wird sie doch von Kräften zusammengehalten, die von aussen mit Macht auf sie einwirken, auch jetzt, wo es mit der glücklichen Globalisierung vorbei ist und die Privilegien des Alleingangs gegenüber der EU eins ums andere verloren gehen, bis hin zu den Vorzügen der eigenen Währung.
Überall werden Sparrunden durchgezogen, denn die zusehends erlahmende Wirtschaft bringt weniger Einnahmen, während die Ausgaben gerade im Sozialbereich steigen. Auf die Expansion folgt die Rezession, auf die Mehrung die Minderung. Doch ist nicht gerade dies das Argument für den Zusammenhalt? Mitnichten! Denn da schaut jeder: Gemeinde, Kanton, Region, mal für sich. Es ist die Stunde der Lokal- und Regionalchauvis.
Was hält die Schweiz da doch noch zusammen? Es sind all die Rest-Privilegien, die es einen hier immer noch besser gehen lassen als anderswo. Der Rest der Friedensdividende der EU, für die man nie bezahlen musste, der Rest des Bankgeheimnisses, das in Teilen immer noch ganz gut funktioniert, der Rest der angesiedelten ausländischen und international tätigen Schweizer Unternehmen, die ihren Auslagerungsentscheid noch aufschieben, bis dann die MEI schliesslich doch zur Anwendung kommt, der Rest der noch verbleibenden ausländischen Fachkräfte und Manager, für deren Ausbildung man nicht aufkommen musste. All diese Restposten wirken noch mächtig, während im Innern fast nichts mehr da ist.
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